BioMOre: Unkonventionelle Kupfergewinnung mit Fracking und Bakterien

Chalcocitkristall
Chalcocit (CU2S) kann per Bioleaching in Kupfer und Schwefel getrennt werden.
Sollte die geplante Tiefbohrung bei Deschka das erhoffte Potential der dort verorteten Kupferlagerstätte bestätigen, so ist davon auszugehen, dass dort in einigen Jahren ein besonderes Experiment stattfinden soll: Der Feldtest des sog. BioMOre-Konzepts unter Realbedingungen. Dann käme der Region um Weißwasser in der Oberlausitz die zweifelfhafte Ehre zu, Pionierland für ein »alternatives« Bergbaukonzept zu sein – von seinen Befürwortern gern schon mal »green mining« genannt, weil an der Oberfläche weniger zu sehen wäre als beim herkömmlichen Erzbergbau in Bergwerken unter Tage oder Tagebauen.

Dieses Konzept betrifft vor allem den Untergrund und umfasst eine Kombination von hydraulischer Frakturierung – Fracking – in Horizontalbohrungen und in-situ-Bioleaching – Laugung mit Hilfe von Bakterien direkt in der Lagerstätte. Sie soll, so der Plan, eine wirtschaftliche und umweltschonende, ja: nachhaltige Förderung von Kupfer und anderen Metallen ermöglichen. Außerdem soll sie der Bergbauindustrie bei immer schwieriger zu erreichenden Erz-Lagerstätten Kosten sparen und sie soll Europa zu mehr Autarkie auf dem Rohstoffsektor verhelfen.

»Bio-Bergbau« zur Metallgewinnung – Das BioMOre-Konzept
Unter dem Titel »BioMOre – alternative mining concept« hat offiziell am 1. Januar 2015 ein Projekt zur Erforschung der sog. Bio-Laugung zur in-situ-Gewinnung von Kupfer mit Hilfe von erzoxidierenden Bakterien begonnen. Mit dieser Methode sollen erzhaltige Lagerstätten horizontal angebohrt, dann die vorhandenen Klüfte im Gestein »kontrolliert hydraulisch frakturiert« werden, um anschließend ein in-situ-Bioleaching, eine von Bakterien unterstützte Laugung des Erzes direkt in der Lagerstätte in Gang zu setzen (Royer, Dmowska 2013).

Im späteren Verlauf dieser Forschung- und Entwicklungsmaßnahme, die im Rahmen des europäischen Innovationsprogramms HORIZON 2020 Forschungsmittel erhält, ist – bei passenden Bedingungen – ein Feldtest in Weißwasser vorgesehen. Dies geht aus der Projektbeschreibung der EIP/EU-Kommission hervor.

Warum Weißwasser?
Nun steht die Frage im Raum, ob die geplante Kontrollbohrung bei Deschka etwas mit dem BioMOre-Projekt zu tun hat. Dr. Horst Hejny, Spezialist für Projektmanagement von Berg- und Tunnelbauprojekten in Dinslaken und deutscher Projektleiter von BioMOre, bestätigte, dass die beantragte Bohrung bei Deschka im Zusammenhang mit dem BioMOre-Projekt stehe. Er fügte an, es werde keine weiteren Tiefbohrungen geben. »Die wären nicht finanzierbar«, so Hejny.

Das Projekt liefe in zwei Phasen ab, informierte er weiter. Die erste Phase solle drei Jahre dauern. In ihr würde das experimentelle Konzept in einer Laborsituation in einem der polnischen Kupferbergwerke der KGHM erprobt. In einem Untertage-Labor sollten zwei unverritzten Kupfererzklötze à 100 Kubikmeter horizontal gebohrt und die angedachte Methode auf Machbarkeit überprüft werden, erklärte Hejny.

Zu einer ersten ökologischen Risikoeinschätzung könne man erst im Zuge dieser Vorarbeiten kommen, da es bislang noch keine gibt, sagte Hejny. Eine Auswertung der Ergebnisse könne frühestens 2017 erfolgen, sodass die zweite Phase frühestens 2018 starten würde.

»Dieser Feldtest könnte in Weißwasser stattfinden«, erklärte Projektleiter Hejny. »Das ist angedacht, weil der Erzkörper da relativ bekannt ist.«

Multinationales, EU-gefördertes Forschungsprojekt
An dem multinationalen, europäischen Projekt sind neben dem polnischen Kupfererzeuger KGHM Polska Miedź S.A. (in Form seiner Tochter KGHM Kupfer AG, Weißwasser) auch zahlreiche privatwirtschaftliche Unternehmen und staatliche Einrichtungen beteiligt:

  • DMT GmbH & Co. KG
  • G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft mbH
  • Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
  • Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
  • Institute of Drilling Engineering and Fluid Mining, Geotechnical Institute, TU Bergakademie Freiberg
  • Institute of Resource Ecology (IRE), Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR)
  • Umwelt- und Ingenieurtechnik GmbH Dresden /Engineering in water technology, (bio-) hydrometallurgy, geological exploration, and environmental monitoring

Einsatz und Erfahrungen mit (Bio-)Leaching
Bio-Leaching (Bio-Laugung), wo »Bakterien als Minenarbeiter« z. B. Metalle aus unbrauchbarem Material herauslösen und nutzbar machen, ist über Tage schon länger im Einsatz – z. B. in Abraumhalden, aber auch beim Recycling beispielsweise von Elektroschrott. Dabei wandeln säurebeständige Bakterien den Roh- bzw. Wertstoff durch Oxidation chemisch um, sodass er anschließend aus der Leach-Flüssigkeit gewonnen werden kann. Wichtige Bakterien sind dabei lt. BGR »aerobe, azidophile Eisen(II)- und/oder Schwefelverbindungen oxidierende Arten wie beispielsweise Acidithiobacillus ferrooxidans (früher Thiobacillus ferrooxidans).« Eine Reihe weiterer Bakterien und Archeae, auch rekombinante (genetisch modifizierte) Bakterien kamen schon zum Einsatz.
Im BioMOre-Projekt stellt die biotechnologische Optimierung von Leaching-Flüssigkeiten ein Teilgebiet dar.

In situ, d.h. direkt in der Lagerstätte, wurde Bioleaching zur Kupfergewinnung seit 1991 in der australischen Mammoth Mine (Gunpowder District, Queensland) angewendet (Brierley, Brierley 2001). Berichte über Umweltauswirkungen des in-situ-Bioleaching sind nicht auffindbar.
Auch Umwelt- und Sicherheitsaspekte sollen mit dem BioMOre-Projekts erforscht werden.

Anhang – Umweltfolge des in-situ-Leaching am Beispiel der Uran-Gewinnung
Unter Tage (in situ) wird Leaching hauptsächlich beim Uran-Abbau verwendet. Hier kommen allerdings eher Säuren zum Einsatz. So geschehen z. B. bis 1990 in Königsstein bei Dresden. Dort hatte die Wismut mit Schwefelsäure-Leaching insgesamt rund 12.000 5.400 Tonnen Uran aus der Lagerstätte herausgelöst:

In the case of Königstein (Germany), a total of 100,000 tonnes of sulfuric acid was injected with the leaching liquid into the ore deposit. At present, 1.9 million m3 of leaching liquid are still locked in the pores of the rock leached so far; a further 0.85 million m3 are circulating between the leaching zone and the recovery plant. The liquid contains high contaminant concentrations, for example, expressed as multiples of the drinking water standards: cadmium 400x, arsenic 280x, nickel 130x, uranium 83x, etc. This liquid presents a hazard to an aquifer that is of importance for the drinking water supply of the region. (Diehl, WISE Uranium Project)
[Übersetzung] Insgesamt 100.000 Tonnen Schwefelsäure wurde mit der Leaching-Flüssigkeit in die Erz-Lagerstätte bei Königsstein (Deutschland) eingepresst. Zurzeit lagern noch 1,9 Mio. Tonnen der Leaching-Flüssigkeit in den Gesteinsporen, weitere 0,85 Mio. Tonnen zirkulieren zwischen der Leaching-Zone und der obertägigen Aufbereitungsanlage. Die Flüssigkeit enthält toxische Mengen (ausgedrückt im Vielfachen der Grenzwerte für Trinkwasser) z. B. von Cadmium (400-fach erhöht), Arsen (280-fach), Nickel (130-fach) und Uran (83-fach). Diese Flüssigkeit stellt ein Risiko für den Grundwasserleiter dar, aus dem Trinkwasser für die Region gewonnen wird. .

Aufgrund dieser unmittelbaren Bedrohungslage hat die Eigentümerin des Königsteiner Bergwerks Anfang des Jahrtausends mit einem Versuch begonnen, die verbliebene Leaching-Flüssigkeit und die gelösten Schwermetalle durch Fluten und Abpumpen der Grube auszuwaschen. Dass »auf unbestimmte Zeit die Behandlung von Flutungswasser in gleicher Größenordnung wie bisher erforderlich bleiben« wird und dass dieser Vorgang weiter optimiert werden muss, darüber ist sich die Wismut heute klar.

Nicht unerwähnt bleiben soll hier, dass das ungehemmte Säure-Leaching in dieser Uran-Mine bis heute und wohl auf ewig fast-katastrophale Folgen hat. Dass das radioaktive, mit Schwermetallen hochgradig belastete Wasser in der Grube, wenn es über 140 m NN ansteigen sollte, den für die Trinkwassergewinnung der Region genutzten Grundwasserleiter und in seinem Abstrom die Elbe verseuchen würde. Dass die zuständige Obere Wasserbehörde deswegen die wasserrechtliche Genehmigung der von der Wismut beantragten vollständigen Flutung des Bergwerks nicht erteilt hat, sodass das Obere Bergamt die Zulassung versagen musste. So heißt es jetzt mit Christian Eissner: »Pumpen bis ans Ende der Zeit« (Sächsische Zeitung (Ausgabe Pirna) vom 24.08.2013, hier zitiert).

Was hätte wohl passieren können, wenn in Königsstein auch noch gentechnisch veränderte Bakterien im Spiel gewesen und außer Kontrolle geraten wären?

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